Die einen hatten Pläne, aus denen nichts geworden ist, andere verfolgten ihre Ziele ohne Rücksicht auf Verluste, wieder andere, und da sehe ich ganz deutlich Jonathan vor mir, versuchten die Scherben einzusammeln und das Bild zu rekonstruieren. Auch dieser Versuch scheiterte und nun ist es an mir, das verknotete Knäuel zu entwirren.  
 
Jasper hat mir bruchstückhaft von der Zeit berichtet, die zwischen der Trennung seiner Eltern und seinem Umzug nach Hamburg lag. Von der Zeit vorher, als Jans Familie noch in Düsseldorf zu Hause war, konnte er mir so gut wie gar nichts erzählen. Das Wenige waren hauptsächlich Erzählungen über ihn, die er bei Verwandtschaftsbesuchen in Wiesbaden aufgeschnappt hatte. Also in gewissem Sinne Erfahrungen aus dritter Hand. Manche Geschichten waren so oft wieder und wieder aufgewärmt worden, dass er sich ein Bild davon zu machen gelernt hatte welches er mit sich herumtrug und bei jeder sich bietenden Gelegenheit herauskramte, um es stolz zu präsentieren. Mit der Zeit begann er sich selbst in diesen Bildern zu sehen und war froh, Endlich eine Vergangenheit zu haben.  
 
Was Jonathan später dazu beizutragen hatte waren nur klägliche Versuche, das Erlebte einigermaßen zu verdrängen indem er hunderte Anfänge unternahm aus Jaspers Erinnerungen einen Roman zu machen. Die Packen loser Blätter in Jonathans Hängeregistratur hatte Anja eines Tages zu ordnen versucht. Den Fragmenten, allesamt lediglich wenige Schreibmaschinenseiten lang, fehlte nicht nur eine erkennbare Ordnung sondern viele der Bögen waren nicht einmal durchnummeriert.  
Sie war nicht weiter gekommen als den großen Esstisch für zwei Tage mit Papierstapeln zu bepflastern. Anfangs hatte sie noch erwogen, jede einzelne Seite durchzulesen und eine systematische Ablage zu entwickeln,
21.03.2024 - 8:57:35